Der Glockenguss zu Breslau
von Brot Max
Als die Glocke zu St. Maria Magdalena in Breslau gegossen werden sollte und alles dazu fertig war, ging der Gießer zum Essen, verbot aber dem Lehrjungen bei Leib und Leben, den Hahn am Schmelzkessel anzurühren. Der Lehrjunge aber war vorwitzig und neugierig, wie das glühende Metall wohl aussehen möge, und indem er so den Hahn bewegte und anregte, fuhr er ihm wider Willen ganz heraus, und das Metall rann und rann in die zubereitete Form. Höchst bestürzt weiß sich der arme Junge gar nicht zu helfen, endlich wagt er‘s doch, geht weinend in die Stube und bekennt seinem Meister, den er um Gottes Willen um Verzeihung bittet. Der Meister aber wird vom Zorn ergriffen, zieht das Schwert und ersticht den Jungen auf der Stelle. Dann eilt er hinaus, will sehen, was noch vom Werk zu retten sei, und räumt nach der Verkühlung ab. Als er abgeräumt hatte, siehe, da war die Glocke trefflich ausgegossen und ohne Fehl. Voll Freuden kehrte der Meister in die Stube zurück und sah nun erst, was für Unheil er angerichtet hatte. Der Lehrjunge war verblichen, der Meister wurde eingezogen und von den Richtern zum Tode durchs Schwert verurteilt.
Inzwischen war auch die Glocke aufgezogen worden; da bat der Glockengießer flehentlich, ob sie nicht noch geläutet werden durfte, er möchte ihren Klang wohl hören, da er sie doch zugerichtet hätte, wenn er die Ehre vor seinem Ende von den Herren haben könnte. Die Obrigkeit ließ ihm willfahren, und seit der Zeit wird mit dieser Glocke allen armen Sündern geläutet, wenn sie vom Rathaus herunterkommen. Die Glocke ist so schwer, dass, wenn man fünfzig Schläge gezogen hat, sie weiter fünfzig von selbst tut.